Ausstellung Vera Bonsen

CUTMANIA

Papierobjekte

vom 13.09. bis 11.10.2014

Ausstellung Vera Bonsen, CUTMANIA, Raum 1
Ausstellung Vera Bonsen, CUTMANIA, Raum 1
Ausstellung Vera Bonsen, CUTMANIA, Raum 2
Ausstellung Vera Bonsen, CUTMANIA, Raum 3
die Vernissage der Ausstellung am 13. September 2014 war sehr gut besucht und stieß auf reges Interesse.

Papierkunst ist so vielfältig wie die Kunst selbst, sie kann ein kleines Format ebenso bedienen wie ein riesiges, sie kann flächig arbeiten aber genauso auch skulptural, sie kann abbildend verfahren oder auch abstrakt, sie kann mit Farbe arbeiten oder monochrom bleiben, Papierkunst ist von ihren medialen Möglichkeiten universal

heißt es im Katalog „Paperart in Stormarn 2002“, Bad Oldesloe.

 

Textauszug von Dr. Ulrike Hauser-Suida zur Vernissage am 13. September 2014

Auch die Kunst von Vera Bonsen schöpft aus der Fülle von Möglichkeiten, die das Material bietet und ist geprägt von einer großen Affinität zu Papier, besonders Materialien wie Karton, Pappe, Wellpappe aber auch Aquarellpapier. Der Umgang mit dem Material und seinen verschiedenen Techniken von Faltung, Schichtung, Perforierung bis zum Papierschnitt ist ihr von Haus aus vertraut. Denn als ehemalige Bühnen – und Kostümbildnerin verfügt sie über eine langjährige Erfahrung und Versiertheit im Modellbau und Kaschieren von Papier, was ihrer heutigen, künstlerischen Arbeit zugute kommt, ja, man könnte, so sagt sie selbst, ihre Papierkunst als Weiterentwicklung der Theaterarbeit sehen.

Was ihre Werke auszeichnet sind Ruhe und Gelassenheit, Sinnlichkeit bei aller Nähe zur konkreten Kunst, Vielschichtigkeit und räumliche Spannung im Bereich einfacher, geometrischer Grundformen wie Rechteck, Quadrat, Kreis.

Die neuen Arbeiten von 2014 bilden den Schwerpunkt dieser Ausstellung und befassen sich ausschließlich mit dem Papierschnitt. Diese traditionsreiche Technik wurde von Henri Matisse in der Klassischen Moderne als eigene Kunstform etabliert, „mit der Schere zeichnen“ nannte er seinen Werkprozess. Heute ist der Papierschnitt längst ein eigenständiges Medium innerhalb der zeitgenössischen Kunst und sein Werkzeug nicht mehr die Schere sondern Cuttermesser oder Skalpell. „Unabhängig von seinen traditionsreichen Vorbildern hat er eine Entwicklung genommen, die sich durch künstlerische Freiheit auszeichnet, durch eigenwillige Formfindung und erstaunliche Vielfalt“, erläutert Sandrine Teuber als Kuratorin der Ausstellung „Final Cut“ im Horst-Janssen-Museum, Oldenburg 2014.

Das Auslassen und Weglassen gehört zur elementaren Eigenheit des Mediums, in Vera Bonsens konkreter Bildsprache heißt das, die Zerlegung der Flächen geometrischer Formen in schmale Linien. Mit dem Skalpell arbeitet sie ihre Schnitte sowohl in der Methode des Ausschneidens wie Einschneidens, mit dem Ziel, die Cuts ins Räumliche zu überführen.

Bereits in den Faltungen der „Viceversa“- Arbeiten wird der Objektcharakter betont, das bereits transparentere Material legt sich in Wellen übereinander und scheint aus dem Grund herauszuwachsen. Die Farbigkeit der handbemalten Papiere spielt eine dominierende Rolle, vor allem Variationen in den immer wiederkehrenden Farben Blau, Rot, Grau und Weiß.

Das Raumthema kommt erst in den Papierschnitten in mehreren Lagen zur vollen Entfaltung. Von einfachen Strukturen in 2-3 Lagen ausgehend, entwickelt Vera Bonsen ein immer komplexeres System farbintensiver Strukturen von 4-5 Papierschichten in quadratischen wie rechteckigen Formaten. Die hinter einander liegenden Blätter sind teils farbig bemalt teils geschnitten und am oberen Rand befestigt, so dass sie frei beweglich von der Wand abstehen. Meist umgibt ein leichter Passepartout-Rahmen schützend die fragilen Blätter und verleiht den Papierobjekten auch eine bildhafte Anmutung.

Diese Ambivalenz zwischen Bild und Objekt, zwischen malerischer Dichte und geheimnisvollem Tiefenraum gehört zur reizvollen Spannung der Papierschnitte. Ein weiterer, wichtiger Aspekt ist die Dynamik der Schnittkompositionen. Aus der vielfachen Reihung wiederholter Schnitte entwickeln sich rhythmische Strukturen und bilden horizontal wie vertikal akzentuierte Streifenmuster.
Diese sind in akribischer Weise mit den darunter liegenden Schnittformen verknüpft, verwebt, verdreht, so dass die Arbeiten einen textilen Charakter erhalten und an filigrane Flechtwerke erinnern. Sie spielen mit der Wahrnehmung des Betrachters und zeigen vielfältige Ansichten. Farbabstufungen und unterschiedliche Helligkeiten kommen zum Einsatz wie auch Licht – und Schattenwirkungen.

Die ganze Virtuosität ihrer Schnitttechnik kommt in den beiden 9-teiligen Serien mit Kreisformen vollends zum Tragen. Sie sind jeweils einer Farbe gewidmet, Gold und Blau. Jede dieser Farben hat die Künstler zu allen Zeiten fasziniert und ist symbolhaft besetzt.

Für Vera Bonsen hat die Farbe Gold einen besonderen, biografischen Stellenwert, denn sie ist eng mit ihrer Studienzeit in Venedig und dem Erlebnis der Goldmosaike im Dom verknüpft. Für sie ist „Gold Spiegel der Transzendenz und Manifestation des Lichts in der Materie“, wie sie sagt. Aber gerade Gold ist auch eine heikle Farbe, häufig negativ besetzt und als „dekorativ“ und „kitschig“ abgetan.

Dem will sie mit ihrer Neunergruppe „nicht alles Gold…“ bewusst entgegen wirken. Das Material soll „fadenscheinig“ werden, so nennt sie es und wie könnte ihr das besser gelingen als mit ihrem Schicht – und Linienaufbau und dem Zusammenspiel von Oberflächen – und Tiefenstruktur!

Im Rhythmus der Neunerserie dekliniert Vera Bonsen gleichsam ihr goldenes Alphabet und Ähnliches gilt für die Farbe Blau in der Gruppe „L’Heure Bleue“, die sich zwischen leuchtendem Blau changierend zu Graublau und Grau bewegt.

Mit den Papierschnitten kommt Vera Bonsen ihrer malerischen Idee sehr nahe, die Vielschichtigkeit altmeisterlicher Lasurtechnik in zeitgenössische Papierkunst umzusetzen.