Skulpturen – Momente
vom 20.03. bis 18.04.2015
Kraftvoll in sich ruhend, sinnlich und erotisch erscheinen Dietmar Nissens Skulpturen, doch sie kennen auch andere Seiten, brüchig, verletzlich und verfremdet. Mehransichtig und vieldeutig sind sie offen für unterschiedliche Assoziationen; sie leben aus dem Material, seinen plastischen Strukturen und dem Experiment mit der Farbe.
Figürlicher Torso und organische Naturform – Tendenz zum Runden
Orientiert an klassischen Vorbildern wie Moore oder Brancusi entwickelte Dietmar Nissen seine eigene, organische Formensprache. Der Torso spielt dabei eine zentrale Rolle als abstrahiertes Zeichen, vor allem der Frauentorso, der für ihn die perfekte Form des Runden verkörpert. In seinen Paar-Skulpturen thematisiert er verschiedene Facetten des Weiblichen kontrastierend zur eckigen, männlichen Form. Dem Figürlichen gegenüber stehen Naturformen, die an Meeresfauna erinnern (Schnecke, Muschel, Qualle) und den Rhythmus des Runden variieren.
Das Material: Holz, Stein, Bronze – Integrierte Fundstücke, Farbe
Holz ist von Jugend an sein ureigenstes Material. Mit Vorliebe verwendet er heimische Fundhölzer oder Kampferholz, das er aus Japan kennt. Er arbeitet nur nach vager Ideenskizze, meist ohne Modell, lässt sich vom Material inspirieren und entwickelt prozessual die endgültige Form.
Charakteristische Stilmittel sind integrierte Fremdkörper als Störfaktoren, um die glatte Ästhetik zu brechen wie auch farbige Bemalung, um homogene Oberflächen zu erhalten, die Form expressiv zu steigern oder zu verfremden. Neben Holz wird Stein sein wichtigstes Material, mit dem er hauptsächlich in Griechenland arbeitet. Die meisten seiner Skulpturen sind Unikate, einige wenig gibt es auch als Bronzeexemplare.
Polarität und Symbiose – Paar-Skulpturen der letzten Jahre
Das Grundthema der Zweierbeziehung findet in großen Skulpturen aus jüngster Zeit eindrückliche Formulierungen. Vor allem mit seiner aus einem Stamm geschlagenen Skulptur „Doppelhelix“ (H 180 cm, 2014), einer Figuration aus zwei symbiotisch verschlungenen Spiralformen, gelingt ihm ein markantes Symbolzeichen für das Paar und darüber hinaus für die Grundstruktur des Lebens schlechthin.
(Text: Dr. Ulrike Hauser-Suida, 1/2015)